Mehr als 4000 Unternehmen haben sich bereits mit der Science based targets Initiative ein Klimaziel gesetzt. Die SBTi bietet den Unternehmen mit klar definierten Zielvorgaben ein Rahmenwerk für wissenschaftsbasierten, unternehmerischen Klimaschutz, der im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen steht.
Schließlich wurden Unternehmen früher anhand ihrer Klima-Performance an den eigenen Standorten (Scope 1 und Scope 2) bewertet und so ein beachtlicher Anteil der Emissionen (oftmals mehr als 80%) aus der upstream Lieferkette ernachlässigt.
Die SBTi übersetzte daher die Anforderungen aus dem Pariser Klimaabkommen in ein wissenschaftlich basiertes Rahmenwerk, das Unternehmen in der Definition transparenter und vergleichbarer Klimaziele inklusive sektoraler Reduktionspfade entlang der upstream und downstream Lieferkette unterstützt. Die Vergleichbarkeit der Klimaziele ermöglicht Stakeholder:innen und Investor:innen die Bewertung von unternehmerischen Klimazielen und Reduktionspfaden, was wiederum dem globalen Transformationsprozess zur Erreichung des Net-Zero-Ziels zugute kommt.
Unsere Erfahrung
Die wichtigsten Erkenntnisse zur SBTi
Wir begleiten Unternehmen bei der Entwicklung SBT-konformer Klimastrategien und Validierung der Klimaziele durch die SBTi. Im Folgenden möchten wir die wichtigsten Erkenntnisse hinsichtlich der Entwicklung einer SBTi-Klimastrategie (FLAG, non-FLAG), des Validierungsprozesses bei der SBTi und der konkreten Aussteuerung eines SBTs im Unternehmenskontext teilen.
Lieber frühzeitig ein SBTi-Ziel setzen und die Umsetzung starten
„Die Reduktionslast bis 2030 bleibt gleich, nur der Zeitraum der Umsetzung verkürzt sich.„
Um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, müssen die Scope 1, 2 und 3 Emissionen bereits bis 2030 um 42% in gesenkt werden (near-term Ziel). Für die meisten Unternehmen sieht das eine starke Verschärfung der bisherigen Klimaziele (z.B. ein existierendes Ziel für Scope 1 und 2 Emissionen) vor. Das kann im internen Entscheidungsprozess für die Definition eines SBT eine große Herausforderung bedeuten.
Ein frühzeitiges Commitment zur SBTi lohnt sich aus zwei Gründen:
- Emissionsreduktionen durch Maßnahmen, die bereits im oder vor dem Basisjahr des SBTi-Ziels umgesetzt wurden, zahlen nicht auf die Zielerreichung ein.
- Die jährliche Reduktionslast und der damit verbundene Handlungsdruck werden durch ein späteres Commitment deutlich erhöht, weil das Reduktionsziel von -42% gegenüber dem Basisjahr in jedem Fall bis 2030 erreicht werden muss (Basisjahr 2020 mit 4,2% Reduktion p.a. im Vergleich zu Basisjahr 2025 mit 8,4% Reduktion p.a.).
Tiefgreifende Expertise in GHG Protocol und SBTi Rahmenwerken aufbauen
Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, konkrete Klimaziele gemäß den SBTi-Vorgaben zu definieren. Die zahlreichen Orientierungshilfen und Regularien einerseits und die Gratwanderung zwischen ambitioniertem Klimaziel und Umsetzbarkeit erschweren die Zieldefinition.
Eine intensive Auseinandersetzung mit den Rahmenwerken und eine „realistische“ Zeitplanung unterstützen die erfolgreiche Definition eines SBTi-Ziels. Dabei stellt das GHG Protocol ein grundlegendes Werkzeug für den Aufbau des Accountings dar.
Auch künftig wird erwartet, dass sich das Rahmenwerk in seinen Vorgaben zur Anrechenbarkeit (z.B. Maßnahmen zur Ausschöpfung der Reduktionspotenziale in der Lieferkette) an die aktuellen Gegebenheiten anpassen wird.
Methodisch konsistente und ausreichend genaue Baseline für den Validierungsprozess
Der Validierungsprozess der Klimaziele durch die SBTi nimmt viel Zeit in Anspruch. Um ausreichend vorbereitet zu sein, empfehlen wir Unternehmen bereits vor der Validierung den Aufbau einer methodisch genauen Emissionsbaseline. Diese ermöglicht es den Unternehmen potentielle Rückfragen der SBTi, beispielsweise hinsichtlich des Scopes der Unternehmensgrenzen, effizient zu beantworten und den Prozess nicht unnötig in die Länge zu ziehen.
Zudem kann die Wartezeit zwischen der Einreichung der Ziele und der Validierung bis zu 6 Monate betragen. Diese Zeit kann mit dem Aufbau einer ganzheitlichen Governance-Strategie überbrückt werden, um danach direkt in die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmenpakete zu gehen.
Klimastrategie ist Unternehmensstrategie und umfasst mehr als „nur“ THG-Reduktion
Die erfolgreiche Umsetzung einer SBTi-Dekarbonisierungsstrategie hängt von dem Grad der Einbettung in die Unternehmensstrategie ab. Nur so können Geschäftsentwicklung, Einsparungen durch Markteffekte und Reduktionspotenziale durch geplante Maßnahmen in der Lieferkette zielführend genutzt oder Herausforderungen frühzeitig angegangen werden.
Im Rahmen von Klimastrategien widmen sich Unternehmen verschiedenen Zukunftsszenarien – dabei werden auch physische und transitorische Risiken berücksichtigt, welche entlang der gesamten Wertschöpfungskette auftreten und so zu Produktionsunterbrechungen und Kostensteigerungen führen können. Unternehmen, die sich rechtzeitig mit der Transition und Anpassung an Klimarisiken auseinandersetzen, können jedoch vielfältige Chancen nutzen und Risiken durch frühzeitige Klimawandelanpassung minimieren.
Ohne Supplier Engagement ist keine Transformation möglich
„Unternehmen und Lieferanten müssen zur Erreichung der Klimaziele partnerschaftlich zusammenarbeiten.“
Um die SBTs zu erreichen, braucht es weitreichende Reduktionen der Emissionen in den Lieferketten der Unternehmen. Daher sind der Aufbau eines Lieferantenmanagements oder die Integration von Klima-KPIs in ein bestehendes Lieferantemanagement für den Erfolg der Klimaziele unabdingbar. Unternehmen sollten hierbei nicht ausschließlich auf das Werkzeug „Druck ausüben auf Lieferanten“ setzen, sondern – wo möglich – gemeinsam mit strategisch wichtigen Lieferanten an Strategien zur Dekarbonisierung der eingekauften Waren und Dienstleistungen arbeiten, sowie effektive Incentivierungs-Instrumente installieren.
Mit einem SBT für künftige regulatorische Anforderungen vorbereitet sein
SBT-Dekarbonisierungsziele unterstützen Unternehmen auch dabei, künftigen gesetzlichen Vorgaben (z.B. bei CSRD oder CSDDD) gerecht zu werden. Schon heute zeigen sich Synergien zwischen LkSG, CSRD und SBTi-Anforderungen – beispielsweise wurden SBTi Anforderungen in Teilen bei der Ausgestaltung der CSRD übernommen. Diese Verzahnung der regulatorischen Anforderungen wird künftig verstärkt erwartet und von Stakeholder:innen eingefordert.
Mit der Kommunikation messbarer und extern validierter Ziele und einer nachvollziehbaren Fortschrittsmessung werden somit sowohl regulatorische Anforderungen als auch Erwartungen von Stakeholder:innen erfüllt.
Frühzeitig strategisch mit Carbon Removal Technologien auseinandersetzen
Im Rahmen einer SBTi Net-Zero Klimastrategie müssen nicht vermeidbare, residuale Emissionen mithilfe von removals neutralisiert werden (z.B. Neutralisation der restlichen 10% eines Non-FLAG Ziels und 28% eines FLAG-Ziels).
Auch wenn Unternehmen aktuell unter enormem Handlungsdruck stehen, die near-term Ziele zu erreichen, und removal-Technologien noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar sind, sollten weitreichende Investitionen (z.B. Carbon removals and storage Maßnahmen wie CCS) für die Net-Zero Ziele schon heute mitgedacht und angestoßen werden.
Zwar fehlen aktuell noch Anreizsysteme für Unternehmen, um Investitionen in künftige removal-Technologien attraktiv zu machen und den heutig benötigen R&D-Bedarf zu decken, eine aktive Rolle in Bereich removals dürfte aber in absehbarer Zukunft ein Wettbewerbsvorteil für Unternehmen mit ambitionierten Klimazielen darstellen.
Die genannten Beispiele zeigen deutlich, dass die Entwicklung einer SBTi-Klimastrategie, der Validierungsprozess bei der SBTi und die Aussteuerung eines SBTs im Unternehmenskontext mit zahlreichen Herausforderungen und Chancen verbunden sind. Durch eine frühzeitige, ganzheitliche Auseinandersetzung mit den SBTi-Anforderungen kann der SBTi-Fahrplan mit strategischem Weitblick flexibel und standfest aufgebaut werden.