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    KlimaschutzNachhaltige Lieferkette

    EUDR (EU Deforistation Regulation) – Was kommt auf Unternehmen zu?

    Bei Verstößen gegen die EUDR müssen Unternehmen mit erheblichen Sanktionen rechnen. Diese umfassen Geldbußen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den verursachten Umweltschäden und dem Wert der betreffenden Waren stehen. Wiederholte Verstöße können zu höheren Strafen führen, die bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens betragen können.

    17. Oktober 2024

    Die Europäische Union ist für 16% der globalen Entwaldung verantwortlich und damit der zweitgrößte Verursacher von Entwaldung weltweit. Mit der neuen EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) versucht die EU dem nun entgegenzuwirken. Die EUDR stellt einen bedeutenden Schritt im Kampf gegen globale Entwaldung dar. Das bedeutet weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, die die von der Verordnung abgedeckten Rohstoffe und Produkte in der EU in Verkehr bringen oder handeln.

    Hintergrund und Ziele der EUDR

    Seit dem 29. Juni 2023 ist die EUDR in Kraft und Teil des European Green Deal, der darauf abzielt, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Das Hauptziel der Verordnung ist es, den Beitrag der EU zur globalen Entwaldung und Waldschädigung zu minimieren, indem sichergestellt wird, dass bestimmte Produkte und Rohstoffe, die auf dem EU-Markt gehandelt werden und generell ein hohes Risiko haben zur Entwaldung beizutragen, garantiert entwaldungsfrei sind.

    Für diejenigen, die bisher mit dem deutschen Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz (LkSG) gearbeitet haben, bedeutet das gegebenenfalls ein Umdenken. Bei der EUDR geht es nicht darum nachzuweisen, dass mit entsprechenden Maßnahmen versucht wurde Entwaldung zu verhindern, sondern es muss mit vorgegebenen Mitteln nachgewiesen werden, dass Entwaldung und Waldschädigung im Zusammenhang mit dem Produkt oder Rohstoff garantiert ausgeschlossen ist.

    Betroffene Produkte und Zeitplan

    Die EUDR betrifft eine Reihe von Rohstoffen und daraus hergestellte Produkte, darunter Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindfleisch, Kautschuk und Holz.

    EUDR: Betroffene Produkte nach Einfluss auf Entwaldung

    Insgesamt fallen über 800 Produktgruppen, die diese Rohstoffe enthalten, unter die Verordnung. Eine komplette Liste der betroffenen Produkte mit ihren Zollnummern findet sich in Anhang 1 der EUDR. Große Unternehmen müssen die Regelungen ab Dezember 2024 vollständig umsetzen, während kleine und mittlere Unternehmen eine zusätzliche Anpassungsfrist bis zum 30. Juni 2025 haben. Was das für Unternehmen bedeutet, diskutieren wir im Folgenden.

    Kernaspekte der EUDR

    1. Sorgfaltspflichten für Unternehmen

    Unternehmen sind verpflichtet, eine umfassende Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) durchzuführen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte nicht zur Entwaldung oder Waldschädigung beigetragen haben. Diese Prüfung erfolgt auf Grundlage der umzusetzenden kompletten Rückverfolgbarkeit der Produkte bis zu ihrem Ursprung mit Hilfe von unter Anderem Geodaten (s.u.) und die Gewährleistung, dass sie von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet oder degradiert wurden.

    Außerdem muss nachgewiesen werden, dass Rohstoffe nicht nur entwaldungsfrei produziert wurden, sondern auch in Übereinstimmung mit Recht und Gesetz, das am Produktionsort gilt. Letzteres wird durch den starken Fokus auf die technisch komplizierte Umsetzung der Nachweispflichten zum geographischen Ursprung leicht übersehen, stellt aber ebenfalls eine nicht zu unterschätzende bürokratische Herausforderung für Unternehmen dar, nicht zuletzt wegen der Vielzahl von unterschiedlichen Rechtsrahmen in den verschiedenen Produktionsländern.

    2. Geographische und andere Informationen

    Schauen wir uns zunächst die Frage der Geodaten an. Ein zentraler Aspekt der EUDR ist die Erfassung präziser geographischer Informationen über die Herkunft der Produkte. Unternehmen müssen in der Lage sein, die genauen Koordinaten aller an der Produktion eines relevanten Produktes beteiligten Flächen anzugeben. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und den Einsatz fortschrittlicher Technologien zur Rückverfolgbarkeit, woraus sich für Unternehmen wichtige Fragen zum Datenschutz ergeben, insbesondere wenn es um wettbewerbssensible Daten zu Lieferanten und Liefermengen geht.

    Zusätzlich verlangt die EUDR die Erhebung weiterer Daten. Zusätzlich zu grundlegenden Informationen zu Herkunft und Inhalt einer Lieferung müssen neben den geographischen Daten insbesondere Daten zur Rechtskonformität erhoben werden. Die genauen Anforderungen unterscheiden sich hier je nach Produktionsland und dem dort gültigen Rechtsrahmen. Derzeit arbeiten mehrere Produktionsländern an der Systematisierung relevanter Rechtsnormen. Entsprechende Listen können dann (hoffentlich) vor Inkrafttreten der EUDR an entsprechender Stelle eingesehen werden. Auch die EU selbst arbeitet derzeit an einer solchen Systematisierung.

    3. Risikoanalyse

    Wie mit den gesammelten Daten umgegangen werden muss ergibt sich aus dem Ergebnis einer Risikoanalyse. Die Risikoanalyse im Rahmen der EUDR erfordert von Unternehmen eine gründliche Überprüfung ihrer Lieferketten. Unternehmen müssen zunächst detaillierte Informationen über die Herkunft ihrer Produkte sammeln, einschließlich der gerade diskutierten geografischen Koordinaten der Produktionsstandorte. Anschließend müssen sie diese Informationen mit Blick auf die Herkunft der eigenen Produkte bewerten, um das Risiko von Entwaldung, Waldschädigung und illegaler Landnutzung einzuschätzen.

    Diese Bewertung muss jährlich wiederholt, überprüft und dokumentiert werden. Wenn ein mehr als vernachlässigbares Risiko festgestellt wird, sind Unternehmen verpflichtet, angemessene Risikominderungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Intensität der Risikoanalyse hängt dabei von der Risikoeinstufung des Herkunftslandes ab, welche die EU bis Ende 2024 für alle Länder und ggf. Regionen durchführen und als Benchmark auf einer Online-Plattform veröffentlichen will.

    4. Sorgfaltserklärungen und Kontrollen der EUDR

    Sowohl die gesammelten Daten, als auch die Risikoanalyse müssen vorliegen, bevor eine Lieferung mit relevanten Produkten in der EU ankommt – und zwar für jede einzelne Lieferung (!). Sie dienen als Grundlage für die Sorgfaltserklärungen (EUDR Due Diligence Statement), die Unternehmen online über das vor kurzem veröffentlichte EU-Informationssystem abgeben müssen und in der sie garantieren, dass ihre Produkte den EUDR-Anforderungen entsprechen. Nur nach Abgabe der Sorgfaltserklärung werden Importe vom Zoll für den Verkehr im Binnenmarkt freigegeben.

    Die abgegebenen Erklärungen werden von den zuständigen Behörden überprüft, wobei die Kontrollen risikobasiert durchgeführt werden – je höher das Risiko für Entwaldung und Waldschädigung im Herkunftsland, desto höher der Prozentsatz der Lieferungen, die von der EU überprüft werden (9% der Unternehmen und Waren aus Hochrisikoländern werden kontrolliert; 3% aus Ländern mit Standardrisiko; 1% aus Ländern mit niedrigem Risiko).

    Die Sorgfaltserklärungen und beigefügte Dokumente werden in der Regel vor der Zollfreigabe durch die zuständigen Behörden überprüft, können aber auch unterjährig unangekündigt überprüft werden. Unternehmen müssen die notwendigen Belege und Dokumente entsprechend speichern und zur Hand haben.

    EUDR Lieferkette. Sorgfaltserklärung und Referenzvereinbarung Schaubild

    Sanktionen und Strafen der EUDR

    Bei Verstößen gegen die EUDR müssen Unternehmen mit erheblichen Sanktionen rechnen. Diese umfassen Geldbußen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den verursachten Umweltschäden und dem Wert der betreffenden Waren stehen. Wiederholte Verstöße können zu höheren Strafen führen, die bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens betragen können.

    Zusätzlich zu Geldbußen können Unternehmen mit weiteren Konsequenzen rechnen, wie z.B. dem vorübergehenden oder dauerhaften Verbot des Handels mit den betreffenden Produkten auf dem EU-Markt. Produkte, die gegen die EUDR verstoßen, müssen gespendet oder entsorgt werden, und die Einnahmen aus dem Handel mit diesen Produkten werden beschlagnahmt.

    Was kommt auf Unternehmen zu?

    Vorbereitung auf die EUDR

    01

    #1

    Betroffenheitsanalyse und Gap-Assessment

    Der erste Schritt für Unternehmen besteht darin, zu analysieren, inwieweit sie von der EUDR betroffen sind. Dies umfasst eine gründliche Überprüfung des Produkt- und Rohstoffportfolios sowie der Lieferketten. Ein Gap-Assessment kann helfen, Lücken in den bestehenden Prozessen und Daten zu identifizieren.

    02

    #2

    Aufbau von Transparenz in der Lieferkette

    Unternehmen müssen ihre Lieferketten transparent gestalten und Systeme implementieren, die eine lückenlose Rückverfolgbarkeit ermöglichen. Dies kann die Einführung neuer Technologien wie Blockchain oder KI-gestützte Tracking-Systeme erfordern.

    03

    #3

    Anpassung von Prozessen und Systemen

    Bestehende Prozesse und IT-Systeme müssen möglicherweise angepasst oder erweitert werden, um die EUDR-Anforderungen zu erfüllen. Dies betrifft Bereiche wie Lieferantenmanagement, Datenerfassung und Berichterstattung, aber insbesondere auch die Fähigkeit über eine Schnittstelle mit dem EU-Informationssystem automatisiert und effizient EUDR-Sorgfaltserklärungen für Lieferungen abgeben zu können. Besonders für große Unternehmen stellt die effiziente Abgabe von teilweise mehreren Tausend Erklärungen pro Jahr eine große Herausforderung dar, deren Komplexität durch entsprechende IT-Systeme deutlich reduziert werden kann.

    04

    #4

    Schulung und Sensibilisierung

    Mitarbeiter:innen – insbesondere in den Bereichen Einkauf, Compliance und Nachhaltigkeit – müssen umfassend geschult werden. Auch Lieferanten sollten über die neuen Anforderungen informiert und bei der Umsetzung unterstützt werden.

    05

    #5

    Entwicklung von Risikomanagementstrategien

    Ein wichtiger Fortschritt in der Umsetzung der EUDR ist die Veröffentlichung des EU-Informationssystems. Dieses System wird eine zentrale Rolle bei der Erfassung und Verwaltung der von Unternehmen bereitgestellten Informationen spielen. Es soll die Einhaltung der Verordnung erleichtern und den Behörden bei der Durchführung von Kontrollen helfen, indem es digitalisiert die Informationen zu den Sorgfaltserklärungen enthält.

    Voraussichtliche Funktionen des EU-Informationssystems

    • Zentrale Plattform für die Einreichung von Sorgfaltserklärungen
    • Risikoanalysetools zur Bewertung von Lieferketten
    • Schnittstellen zu anderen relevanten Datenbanken und Systemen
    • Unterstützung bei der Durchführung von Kontrollen durch Behörden

    Unternehmen sollten die Entwicklung dieses Systems genau verfolgen und sich darauf vorbereiten, ihre internen Prozesse und Systeme entsprechend anzupassen.

    Herausforderungen und Chancen der EUDR

    Herausforderung und Chancen der EUDR für Unternehmen

    Ausblick

    Die EUDR markiert einen Wendepunkt in der EU-Handelspolitik und unterstreicht das Engagement der Union für Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Für Unternehmen bedeutet dies eine erhebliche Umstellung, aber auch die Möglichkeit, sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu positionieren.


    Eigentlich sollte die EUDR Ende 2024 wirksam werden. Nun zeichnet sich jedoch ab, dass dies erst ein Jahr Später, zum 30.12.2025 geschehen soll. Aufgrund der vielen Probleme bei der Bereitstellung essentieller Tools (wie z.B. dem Onlinesystem zur Abgabe der Sorgfaltserklärungen oder dem Benchmarking für die Einstufung von Ländern in Risikoklassen) schlug die EU  Kommission Anfang Oktober einen solchen Aufschub vor. Zwar müssen das Europäische Parlament und der Rat noch zustimmen, aber das sollte angesichts der Probleme bei der Umsetzung Formsache sein.


    Für Unternehmen bedeutet das zunächst einmal eine Entspannung. Eine sinnhafte Umsetzung der EUDR ohne die genaue Funktionsweise der benötigten Instrumente von EU-Seite zu kennen wäre sehr schwierig geworden. Die Spanne zwischen Veröffentlichung der Instrumente und der Verpflichtung darauf aufbauende Prozesse auf Unternehmensseite bereit zu haben, wäre extrem kurz gewesen. Entspannung bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmen das Thema jetzt auf die lange Bank schieben sollten. Ganz im Gegenteil: die vermutlich entspannteren Fristen bedeuten, dass Unternehmen nun eine Chance haben sich korrekt und mit weniger Zeitdruck auf die EUDR vorzubereiten, denn kommen wird sie nach aktuellem Stand auf jeden Fall. Ein Jahr mehr gibt Unternehmen die Gelegenheit sinnvolle Prozesse zu entwickeln, die sich möglichst gut in bereits bestehende Prozesse integrieren lassen, enge Beziehungen zu Lieferanten aufzubauen un auch diese auf die kommenden Verpflichtungen hinzuweisen und vorzubereiten, sowie innovative Lösungen zur Umsetzung der EUDR zu entwickeln.


    Langfristig könnte die EUDR als Modell für ähnliche Regelungen in anderen Teilen der Welt dienen und somit einen globalen Beitrag zur Bekämpfung der Entwaldung leisten. Unternehmen, die sich frühzeitig und gründlich vorbereiten, werden nicht nur die Anforderungen der EUDR erfüllen, sondern auch gut positioniert sein, um von einem zunehmend nachhaltigen und verantwortungsbewussten globalen Markt zu profitieren.

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