Die Dekarbonisierung der Lieferkette ist zentrales Ziel und gleichzeitig signifikante Herausforderung vieler Unternehmen. Höchste Priorität haben dabei die Scope 3.1 Emissionen (nach GHG-Protocol), die durch eingekaufte Produkte und Dienstleistungen entstehen und in der vorgelagerten Wertschöpfungskette verursacht werden.
Verteilung der THG-Emissionen auf eigene Standorte und Lieferkette

Emissionen aus den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen können grundsätzlich durch ein verändertes Produktdesign, Geschäftsmodellanpassungen und eine Steuerung der Supplier nach Klimaperformance reduziert werden. Der Einkauf wird somit zu einem der wichtigsten Schlüssel zur Lieferkettendekarbonisierung.
Durch eine gezielte Einkaufssteuerung und dialogorientiertes Supplier Engagement erfolgt die Dekarbonisierung kosteneffizient und fokussiert. Beide Bereiche umfassen unterschiedliche Maßnahmenebenen, die aufeinander abgestimmt und einander ergänzen sollten, um die notwendige Transformation in der Lieferkette voran zu treiben.

Im Folgenden möchten wir die Erfolgsfaktoren teilen, die aus unserer Sicht auf für eine gelungene Umsetzung einzahlen.
1. Selbstverständnis bei der Geschäftsführung schaffen und Ambition festlegen

Der erste Schritt und die Basis für weitere Schritte ist die Bestimmung des Selbstverständnisses. Unternehmen sollten sich darüber im Klaren sein, welche Rolle sie bei der Transformation ihrer Lieferkette einnehmen möchten.
Dabei gilt es auszuloten, inwiefern sie über harte Anforderungen „Fordern und Dirigieren“ und inwiefern sie über ein proaktives Supplier Engagement „Fördern und Unterstützen“ gehen wollen. Diese Positionierung sollte mit dem Top-Management entwickelt werden und hängt neben dem Selbstverständnis des Unternehmens u.a. auch von der Branche und der Verhandlungsmacht des Unternehmens gegenüber ihren Suppliern ab.
Eine Impactanalyse der Lieferantenbasis erlaubt, es Ressourcen gezielt auf die Lieferanten zu fokussieren, die den größten Teil der Emissionen verursachen. Da Impact und Einkaufsvolumen miteinander korrelieren, wird das High-Impact Supplier-Cluster in großen Teilen mit dem Cluster der Supplier mit dem höchsten Einkaufsvolumen übereinstimmen. Dieses Clustering erlaubt eine starke Fokussierung über die Kosten-Nutzen Perspektive.
Auch andere Cluster Kriterien können dabei helfen gezielt Maßnahmen auszuspielen. Mögliche alternative Kriterien sind u.a. die strategische Relevanz der Supplier, der Reifegrad der Supplier, eine Bewertung ihrer Gestaltungsmöglichkeiten und der Makofaktoren in den jeweiligen Märkten.
3. Einkaufsprozesse neu denken und das Momentum von Konsolidierungs- und Vertikalisierungsbestrebungen nutzen
Die Dekarbonisierung der Lieferkette erfordert ein Neudenken des Einkaufs auf strategischer und operativer Ebene, um die Klimaperspektive adäquat zu integrieren und Erreichung der Klimaziele steuerbar zu machen.
Auf strategischer Ebene kann ein Supply-Chain-Re-Design bei Konsolidierungs-, Vertikalisierung- und Resilienz-Strategien gleichzeitig positiv auf die Erreichung der Klimaziele einzahlen, wenn die Klimaperspektive in die Analyse und Bewertung von Handlungsoption einbezogen wird.
Auch auf operativer Ebene sollte die Klimaperformance der Supplier in die einzelnen Einkaufsentscheidungen einbezogen werden, was über unterschiedliche Arten der Steuerung erfolgen kann wie z.B. eine Unterteilung der Supplier in 1. und 2. Wahl, einem Blacklisting /Whitelisting oder die Integration der Klimaperformance in ein Supplier Scoring.
4. Langfristige Ziele und Anforderungen kommunizieren und nach Teilzielen steuern
Eine frühzeitige Kommunikation von langfristigen Zielen und konkreten Teilzielen, ermöglicht den Suppliern einen effizienten Einsatz ihrer Ressourcen und zahlt gleichzeitig auf den notwendigen Good-will der Supplier ein. Eine mehrphasige Zielstruktur mit klar kommunizierten Meilensteinen ist dabei zentral. Teilziele schaffen eine frühzeitige Steuerbarkeit aus Unternehmenssicht und erhöhen aus Sicht der Supplier die Planungssicherheit, sowie die Kommunikation von konkreten Anforderungen in das eigene Unternehmen hinein.
Zielformulierung des Supplier Engagements als exemplarische Darstellung

5. Tool- und Plattformlösungen zur Skalierung nutzen
Da die meisten Unternehmen überaus komplexe Lieferketten mit tausenden oder zehntausenden Lieferanten aufweisen, ist eine Tool-Lösung unabdingbar. Neben der Einkaufssteuerung und dem Supplier Engagement sollte dabei auch die THG-Bilanz des Unternehmens integriert werden.
Die Basis einer Klimastrategie ist eine THG-Bilanz für die Scopes 1-3 und auch die Reduktionswirkung der in der Lieferkette umgesetzten Maßnahmen muss in der THG-Bilanz abbildbar sein. Bei der Auswahl von Tool-Lösungen sollten daher die Bereiche THG-Accounting, Einkaufssteuerung und Supplier Engagement zusammen gedacht werden, da sie einander bedingen und nur im Zusammenwirken auf die Zielerreichung einzahlen.

6. Auf den Business Case der Lieferanten aufbauen
Lediglich wenn für die Lieferanten ein positiver Business Case aufgemacht werden kann, werden diese in die Dekarbonisierung des eigenen Unternehmens investieren und diese vorantreiben. Ein gezieltes Supplier Engagement kann über die Ebenen Kommunikation, Transparenz und Capacity Building die Supplier befähigen und unterstützen, den eigenen Business Case zu entwickeln. Die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, Kostenreduktionen durch Energieeinsparungen, eine gesteigerte Innovationsfähigkeit und eine höhere Attraktivität aus B2B-Kunden-Perspektive zählen neben anderen zu den konkreten betriebswirtschaftlichen Chancen für die Supplier.
Einkaufssteuerung und Supplier Engagement als Investition
Dekarbonisierung der Lieferkette ist ein strategisches Transformationsprojekt für Unternehmen. Die gezielte Einkaufssteuerung und die ein dialogorientiertes Supplier Engagements sind entscheidend für die Erreichung der Emissionsreduktionsziele.
Unternehmen, die jetzt in das Re-Design ihrer Einkaufsprozesse, digitale Infrastruktur und die gezielte Entwicklung ihrer Supplier Basis investieren, investieren nicht nur die Erreichung ihre Klimaziele, sondern auch in ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Das könnte sie auch interessieren:

ESG-Software Post-Omnibus: Weiterhin relevant oder Schnee von gestern?

1,5°C-konform dank SBTi Ziel? Unsere Learnings

Carbon Farming: Der Schlüssel zur Erreichung unserer Klimaziele?
